Die Sicherungsabtretung des Anspruchs auf Rückgewähr einer Grundschuld kann nur dann ein Recht auf abgesonderte Befriedigung im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Abtretenden begründen, wenn eine Revalutierung der Grundschuld ohne Zustimmung des Abtretungsempfängers nicht oder nicht mehr in Betracht kommt.
Nach § 91 Abs. 1 InsO können Rechte an Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrundeliegt. Diese Einwendung des Insolvenzverwalters fußt mithin nicht auf einer Verfügungsbeschränkung, sondern verfolgt ein gesetzliches Erwerbsverbot zugunsten der Insolvenzmasse. Das Erwerbsverbot kann noch eingreifen, obwohl der Verfügungstatbestand bereits abgeschlossen ist, solange sich der Rechtserwerb nicht vollendet hat. Das gilt namentlich bei der Abtretung eines künftigen oder aufschiebend bedingten Anspruchs. In zweckentsprechender Abgrenzung schont das Erwerbsverbot des § 91 Abs. 1 InsO nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes jedoch solche Erwerbsanwärter, die an dem Erwerbsgegenstand bereits eine gesicherte Rechtsstellung erlangt haben. Der Sicherungswert einer bestellten Grundschuld ist trotz Abtretung des Rückgewähranspruchs aus dem Vermögen und der Insolvenzmasse des Sicherungsgebers nicht endgültig ausgeschieden, solange der Sicherungsnehmer allein oder im Einvernehmen mit dem Sicherungsgeber selbst oder dem Insolvenzverwalter über dessen Vermögen, etwa zur Besicherung eines Massekredits, die Grundschuld revalutieren kann, ohne dadurch den Inhalt des Rückgewähranspruchs zu verändern. Dieser Sicherungswert kann der Masse gemäß § 91 Abs. 1 InsO nicht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Begründung eines Absonderungsrechts mit Vollendung des Rechtserwerbs an dem abgetretenen Rückgewähranspruch entzogen werden.
Soweit nach dem Urteil des V. Zivilsenats vom 05.11.1976 für die Wirkung von § 15 KO etwas anderes galt, ist dies nach der neueren Rechtsprechung zur Auslegung von § 91 Abs. 1 InsO überholt. Der V. Zivilsenat hat mitgeteilt, dass er an der Rechtsauffassung seines Urteils vom 05.11.1976 nicht festhalte, soweit sie der hier vertretenen Auslegung von § 91 Abs. 1 InsO entgegenstehen sollte.
Das BGH-Urteil vom 9. März 2006 hat nicht näher ausführen müssen, wann eine Sicherungsgrundschuld nach Abtretung des Rückgewähranspruchs an einen Dritten von den Beteiligten des Sicherungsvertrages revalutiert werden kann. Wer einen vertragsabhängigen Einzelanspruch abtritt, kann über das Vertragsverhältnis uneingeschränkt verfügen, solange der abgetretene Anspruch nicht entstanden ist. Das gilt sowohl bei künftigen Ansprüchen als auch bei solchen, deren Entstehung gleich dem Anspruch auf Miete oder Dienstlohn noch von einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung abhängt. Damit nicht zu vereinbaren ist die Ansicht, nicht nur die bedingte Abtretung eines Anspruchs, sondern auch die uneingeschränkte Abtretung eines bedingten Anspruchs sei unterschiedslos insolvenzfest. Davon hat sich der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 9. März 2006 gelöst. Daran ist im Grundsatz festzuhalten. Denn die Bedingung gegen den Drittschuldner des abgetretenen Anspruchs tritt durch die Insolvenz des Zedenten nicht ein. Die Vorschriften der §§ 42, 191 InsO betreffen nur Ansprüche gegen den Insolvenzschuldner.
Eine gesicherte Rechtsposition, die dem Erwerbsverbot des § 91 Abs. 1 InsO standhält, erlangt der Abtretungsempfänger dann, wenn die Verfügungsfreiheit des Schuldners über das zugrundeliegende Vertragsverhältnis gehindert wird. Das ist der Fall, wenn ein abgetretener Anspruch bereits entstanden und lediglich in seiner Durchsetzbarkeit vom Beginn oder vom Ablauf einer bestimmten Frist abhängig, nach allgemeinem Sprachgebrauch also “betagt” ist, wie etwa die Raten eines Finanzierungsleasing. Dieses Verfügungshindernis ähnelt dem in den §§ 876, 877, 1071, 1276 BGB enthaltenen Rechtsgedanken, wonach ein belastetes Recht nur mit Zustimmung desjenigen, der das belastende Recht inne hat, aufgehoben oder geändert werden kann. Der Rückgewähranspruch ist hingegen nicht lediglich betagt, sondern aufschiebend bedingt. Der Abtretungsempfänger des Anspruchs auf Rückgewähr einer Sicherungsgrundschuld ist deshalb in seiner Rechtsposition gegenüber dem Schuldner erst dann gesichert, wenn der abgetretene Anspruch durch Wegfall des Sicherungszwecks entstanden war, als das Erwerbsverbot des § 91 Abs. 1 InsO eingreifen konnte. Auf eine gesicherte Durchsetzbarkeit des Rückgewähranspruchs gegen den Sicherungsnehmer und Rückgewährschuldner kommt es nicht an. Deshalb ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich, dass der Gläubiger einer rückzugewährenden Grundschuld über sein Recht frei verfügen kann und das Ergebnis einer etwaigen Grundstückszwangsversteigerung offen ist.
Eine insolvenzfeste Rechtsposition für den Abtretungsempfänger des Rückgewähranspruchs besteht, wenn eine Grundschuld nur eine bestimmte Verbindlichkeit sichert und diese vor Insolvenzeröffnung vollständig getilgt ist. Denn die Revalutierung der Grundschuld würde unter dieser Voraussetzung zu einer Änderung des bisherigen Sicherungsvertrages führen müssen, welcher der Abtretungsempfänger als Gläubiger des bedingungsfrei entstandenen Rückgewähranspruchs, der dadurch beeinträchtigt würde, nicht zuzustimmen braucht.
Bei weitem Sicherungszweck kann eine Grundschuld demgegenüber schon dadurch revalutiert werden, dass der Sicherungsgeber neuen Kredit schöpft oder der Sicherungsnehmer weitere Ansprüche gegen den Sicherungsgeber erwirbt, sofern sie als künftige Verbindlichkeiten von vornherein in die Zweckbestimmung der Grundschuldsicherung einbezogen sind. Der Abtretungsempfänger ist bei weitem Sicherungszweck einer Grundschuld dieser Schwäche seines Rückgewähranspruchs ausgesetzt, dem trotz seiner Entstehung noch die auflösende Rechtsbedingung einer Revalutierung der Grundschuld durch Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer anhaftet. Diese Schwäche des Rückgewähranspruchs ließe sich selbst dadurch nicht überwinden, dass der Anspruch bei der Grundschuld vorgemerkt würde. Denn die Revalutierung wäre dann keine den vorgemerkten Anspruch vereitelnde oder beeinträchtigende Verfügung, die insoweit nach § 883 Abs. 2 BGB unwirksam sein könnte, sondern Folge der Bedingung.
Im Schrifttum ist im Anschluss an das BGH-Urteil vom 9. März 2006 und das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Celle((OLG Celle, Urteil vom 14.07.2010 – 3 U 23/10; vgl. Siegmann, WuB VI A. InsO § 91 1.11)) darauf hingewiesen worden, die Revalutierung einer Grundschuld sei ungeachtet eines weiten Sicherungszweckes dann nicht mehr möglich, wenn die Geschäftsbeziehung des Schuldners mit dem grundpfandgesicherten Gläubiger beendet sei, wie es hier spätestens nach Einleitung der Zwangsversteigerung des belasteten Grundbesitzes in Betracht komme. Das trifft im typischen Fall zu.
Wenn sich aus der Auslegung des Sicherungsvertrages nichts anderes ergibt, entsteht ein Anspruch auf Rückgewähr eines entsprechenden Teils einer Grundschuld schon dann, wenn die gesicherte Forderung nur zum Teil getilgt ist. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die nachträgliche Übersicherung als endgültig erweist. Im Zweifel ist dann davon auszugehen, dass der Sicherungszweck entfallen ist. Es kann jedoch auch etwas anderes vereinbart sein. Ist infolge vollständiger Tilgung der Anlassverbindlichkeiten der Rückgewähranspruch entstanden, kann er durch sicherungsvertraglich vorbehaltene Revalutierung wieder in einen aufschiebend bedingten Anspruch zurückverwandelt werden, der erneut von dieser Bedingung frei wird, wenn auch die Revalutierungsverbindlichkeiten getilgt sind. Die Revalutierung als auflösende Rechtsbedingung vernichtet das entstandene Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 1 InsO aus dem abgetretenen Rückgewähranspruch entsprechend § 158 Abs. 2 BGB. Der wieder aufschiebend bedingte Rückgewähranspruch gewährt nach § 91 Abs. 1 InsO kein Absonderungsrecht mehr, wenn diese Rechtsbedingung erst nach der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des abtretenden Sicherungsgebers eintritt.
Der insolvenzrechtliche Anfechtungsanspruch nach den §§ 129, 130, 143 InsO gegen ein mögliches Absonderungsrecht ist im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nach den bisherigen Feststellungen nicht sicher ausgeschlossen. Der Zeitpunkt der Zwangsversteigerung und der Entstehung des Anspruchs auf den Erlös sind dafür jedoch ohne Belang. Anfechtungsrechtlich wirksam geworden nach § 140 Abs. 1 InsO ist die Abtretung des Anspruchs auf Rückgewähr der Sicherungsgrundschuld in dem Zeitpunkt, in dem der Abtretungsempfänger gegenüber dem Abtretenden eine gesicherte Rechtsposition erlangt hat, der Anspruch mithin ohne aufschiebende Rechtsbedingung entstanden ist.
Sollte dies, wie im Regelfall, spätestens mit dem Beitritt der Rückgewährschuldnerin zum Zwangsversteigerungsverfahren eingetreten sein, wäre zu prüfen, ob der Beitritt vor dem gesetzlichen Dreimonatszeitraum lag.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. November 2011 – IX ZR 142/10