Tritt der Versicherungsnehmer seine Ansprüche aus einer Lebensversicherung zur Sicherung der Schuld eines Dritten an dessen Gläubiger ab, so sprechen die Interessen der Beteiligten regelmäßig dafür, dass der vereinbarte Sicherungszweck sich nicht mit dem Tod des Versicherungsnehmers erledigt haben soll.
Eine vor der Sicherungsabtretung widerruflich getroffene Bezugsrechtsbestimmung steht dann auch in der Zeit nach Eintritt des Versicherungsfalls – bis auf weiteres – im Rang hinter den Rechten des Sicherungsnehmers zurück.
Der anlässlich der Sicherungsabtretung erklärten Widerruf der Bezugsrechtsbestimmung ist so zu verstehen, dass das Recht des Bezugsberechtigten in dem durch den Sicherungszweck bestimmten Umfang im Rang hinter das Recht des Kreditgebers zurückgesetzt wurde. Dieser Vorrang des Kreditgebers bestand sowohl bei Eintritt des Versicherungsfalles als auch bei der Auszahlung der Versicherungssumme fort, weil zu beiden Zeitpunkten die zu sichernde Forderung die Versicherungssumme überstieg. Der Kreditgeber war daher bei der Auszahlung materiell berechtigter Inhaber des gesamten Anspruchs auf die Todesfallleistung, weshalb der Lebensversicherer mit der Zahlung an ihn von seiner Leistungspflicht frei wurde (§ 362 Abs. 1 BGB).
Die Reichweite des Widerrufs einer Bezugsrechtsbestimmung ist ebenso wie der – in der Sicherungsabrede vereinbarte – Sicherungszweck einer Sicherungsabtretung für jeden Einzelfall durch Auslegung zu bestimmen. Da es sich hier sowohl bei der Widerrufserklärung als auch bei der Sicherungsabrede um formularmäßige Erklärungen handelt, die im Bundesgebiet allgemein verwendet werden, kann der Bundesgerichthof die Erklärungen selbst frei auslegen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt in der Sicherungsabtretung der Rechte aus einer Lebensversicherung im Allgemeinen nicht auch der konkludente Widerruf bestehender Bezugsrechtsbestimmungen. Ein anlässlich der Sicherungsabtretung erklärter Widerruf ist vielmehr regelmäßig dahin zu verstehen, dass etwaige Bezugsrechte im Rang hinter das vereinbarte Sicherungsrecht zurücktreten sollen.
Soweit im maßgeblichen Zeitpunkt des Versicherungsfalles dem Sicherungsnehmer gesicherte Forderungen gegen den Versicherungsnehmer zustehen, ist der Sicherungsnehmer – als Inhaber des Anspruchs, nicht etwa nur als Bezugsberechtigter – allein befugt, Zahlung der Todesfallleistung an sich zu verlangen. Der Anspruch auf einen eventuell verbleibenden Überschuss steht dagegen – ohne dass eine weitere Rechtshandlung, etwa eine Rückabtretung, erforderlich wäre – dem Bezugsberechtigten zu.
Die vom Bundesgerichtshof bisher entschiedenen Fälle zeichnen sich allerdings dadurch aus, dass der Versicherungsnehmer jeweils auch persönlicher Schuldner der gesicherten Forderung war, er somit eine Eigensicherheit gestellt hatte. Daher konnte im Regelfall angenommen werden, dass mit dem Versicherungsfall gleichzeitig der in der Sicherungsabrede vereinbarte Sicherungsfall eintrat. Bei der unmittelbar nach Eintritt des Versicherungsfalls stattfindenden Verwertung konnte der Anspruch auf die Todesfallleistung zwischen dem Sicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten dinglich aufgeteilt werden.
Hingegen hat hier der Versicherungsnehmer den Anspruch auf die Todesfallleistung zur Sicherung der Schuld einer dritten Person, der GmbH & Co. KG, abgetreten und somit eine Fremdsicherheit gestellt. Bei einer solchen Konstellation tritt mit dem Versicherungsfall nicht regelmäßig auch der Sicherungsfall mit anschließender Verwertung der Sicherheiten ein. Auch wenn der Sicherungsnehmer – wie die Streithelferin – nach der Sicherungsabrede beim Tod des Sicherungsgebers zur Kündigung des Kontokorrentkredits gegenüber dem persönlichen Schuldner berechtigt sein kann, so sprechen regelmäßig die Interessen der Beteiligten – die der Versicherungsnehmer bei Erklärung des Widerrufs vor Augen gehabt hat – gegen eine sofortige Verwertung der Sicherheit durch Einziehung und Verrechnung des Anspruchs. Der persönliche Schuldner ist daran interessiert, bei einem Versterben des Fremdsicherungsgebers nicht mit einer außerordentlichen Kündigung des Kredits rechnen zu müssen. Auch das Interesse des Sicherungsnehmers ist darauf gerichtet, den Kredit planmäßig fortzuführen und dabei den Anspruch auf die Todesfallleistung auch über den Eintritt des Versicherungsfalls hinaus als Sicherheit zu behalten. Selbst das Interesse des Bezugsberechtigten, der bei einem Freiwerden der Sicherheit die gesamte Todesfallleistung erhielte, geht im Regelfall dahin, dass der Sicherungsnehmer von einer Verwertung des Anspruchs absieht und abwartet, bis der persönliche Schuldner seine Verbindlichkeiten zurückführt. So hätte auch hier die Klägerin bei einer unmittelbar nach dem Tod des Versicherungsnehmers vorgenommenen Verwertung nichts erhalten, sondern vielmehr ihr Bezugsrecht endgültig verloren. Nach der Auslegung des Berufungsgerichts bestand für die Klägerin zumindest die Hoffnung, dass die GmbH & Co. KG ihre Verbindlichkeiten selbst zurückführte und die Sicherheit dadurch frei würde, was nach der unstreitigen wirtschaftlichen Lage der GmbH & Co. KG auch nicht ausgeschlossen war.
Die im Fall der Gestellung einer Eigensicherheit regelmäßig anzunehmende Aufteilung des Anspruchs auf die Todesfallleistung unmittelbar mit Eintritt des Versicherungsfalls verbietet sich daher im Allgemeinen, wenn die Abtretung die Schuld eines Dritten sichern soll. Vielmehr soll der Sicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls den Anspruch auf die Versicherungsleistung – oder, wenn der Sicherungsnehmer zur Einziehung berechtigt ist, die an dessen Stelle tretende Valuta – bis zum Eintritt des Sicherungsfalls als Sicherheit behalten dürfen. Die im Rang zurückgesetzte Bezugsrechtsbestimmung besteht nur im Rahmen der Sicherungsabrede, was dazu führt, dass dem Bezugsberechtigten ein Anspruch gegen den Sicherungsnehmer zusteht, wenn und soweit die Versicherungsleistung im Sicherungsfall die gesicherte Forderung übersteigt.
Unschädlich ist dabei, dass die zu sichernde Forderung aus dem Kontokorrentkredit bei Eintritt des Versicherungsfalls noch nicht fällig war und erst bei Kündigung des Kontokorrentkredits fällig wurde. Im Urteil vom 18. Oktober 1989 hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zur dinglichen Teilung des Versicherungsanspruchs in einem Fall entwickelt, in welchem der Versicherungsnehmer den Versicherungsanspruch zur “Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen” aus einem Geschäftsverhältnis “in der jeweiligen Vertragshöhe” abgetreten hatte. Maßgeblich war, dass die zu sichernden Forderungen bei Eintritt des Versicherungsfalls hinreichend bestimmbar festlagen. Übertragen auf Fälle der Gestellung einer Fremdsicherheit, die auch über den Tod des Versicherungsnehmers hinaus bestehen bleiben soll, bedeutet dies, dass die zu sichernden Forderungen beim späteren Eintritt des Sicherungsfalls hinreichend bestimmbar sein müssen. Da im Streitfall die Forderungen aus einem bestimmten Kontokorrentkredit gesichert sein sollten, ist die hinreichende Bestimmbarkeit anzunehmen.
Dabei übersieht der Bundesgerichtshof nicht, dass der Bezugsberechtigte in Fällen der vorliegenden Art über längere Zeit im Ungewissen bleiben kann, ob und in welcher Höhe er im Ergebnis in den Genuss der Versicherungsleistung kommen wird. Dies ist jedoch die unmittelbare Folge der vom Versicherungsnehmer vorgenommenen Abtretung zur Sicherung einer fremden Schuld. Der Bezugsberechtigte steht hinsichtlich seines Anspruchs auf die Versicherungsleistung nicht schlechter, als der Versicherungsnehmer zu seinen Lebzeiten selbst hinsichtlich seiner Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gestanden hatte. Auch der Versicherungsnehmer wäre nur dann wieder Inhaber seiner Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geworden, wenn diese – etwa nach Ablösung durch eine andere Sicherheit, nach Ausgleich des Kontokorrentkontos oder nach einer teilweisen Verwertung – ganz oder teilweise frei geworden wären. Diese Rechtsstellung des Versicherungsnehmers setzt sich beim Bezugsberechtigten lediglich fort und ist von diesem daher hinzunehmen. Auch bei der Zuwendung mittels Bezugsrechts kann der Versicherungsnehmer dem Begünstigten grundsätzlich keine bessere Rechtsstellung verschaffen, als er selbst innehat.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Oktober 2010 – IV ZR 22/09